Eine geopolitische Analyse

Lieber Leser, leider kam ich nicht umhin, hier einen etwas längeren Artikel zu verfassen, aber ich bin überzeugt, dass es sich hierbei um sehr gut investierte 15 Minuten Lesedauer handelt, auch wenn ich noch weit mehr Aspekte hätte unterbringen können – aber dies kann ich ja auch noch in den Kommentaren erledigen 😉
Ein Problem zu lösen ist eine in der IT tief erforschte Vorgehensweise, denn dort gibt es heute Probleme, die man gestern noch gar nicht kannte. Im Kern schaut man da nach zwei Dingen, nämlich nach der Ursache und nach möglichen Umgehungslösungen, soweit die Ursache nicht direkt beseitigt werden kann.
Bezogen auf unsere aktuell sehr fragile weltpolitische Lage ist ein fehlendes Lösen von Problemen ein wahres Dilemma, welches das Potential hat, uns kurzfristig in einen Dritten Weltkrieg zu stürzen, denn das für alle sichtbare Problem unserer Zeit ist ein in der Ukraine tobender Stellvertreterkrieg, welcher beinahe täglich neue Eskalationsstufen erreicht.
Wenn man sich die Verlautbarungen unserer Politiker hierzu anhört, so wird unisono von der Alternativlosigkeit eines ukrainischen Sieges schwadroniert und die Angst geschürt, dass ein Sieg der Russen diese ermutigen würde, auch über uns herzufallen. Entschuldigung – aber einen größeren Blödsinn habe ich selten gehört, auch wenn wir das tatsächlich verdient hätten. In jedem Krieg ist sehr entscheidend, welche strategischen Zielsetzungen die Kriegsparteien erreichen müssen, die ohne Waffengewalt nicht zu erreichen sind. Was könnte der Russe denn von uns wollen, was er nicht selbst zur Genüge hat? Auch der Russe weiß, dass eine Invasion immer mit einer schwierigen Verwaltung der eroberten Gebiete verbunden ist, die man sich ohne konkrete strategische Vorteile einfach nicht antut. Westeuropa oder auch nur das Baltikum haben nichts, was Russland auch nur annährend benötigen würde. Das Märchen vom Groß-Russland ist eine reine Propagandalüge und durch wirklich Nichts zu begründen, auch nicht mit der Krim, die für Russland und seine Geschichte eine ganz andere Bedeutung hat und mehrheitlich russisch besiedelt ist.
Aber was ist es dann, was Russland zu einer militärischen Intervention bewogen hat?
Die entscheidende Frage ist bei einem solchen Konflikt immer, was denn die strategischen Ziele der beteiligten Player sind. Ich kann natürlich hier nur meine Interpretation bieten, aber auf Grund meines geopolitischen Wissens liege ich mit meinen Analysen meist recht nahe an der Realität.
Für Russland sehe ich die klare Forderung nach Respekt für die russischen Sicherheitsinteressen, denn diese wurden mit der fortschreitenden Nato-Ost-Erweiterung immer weiter untergraben und während der Westen die Ukraine seit 2014 als willfähriges Werkzeug nutzte und aufrüstete, war die Ankündigung eines Nato-Beitritts der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Wir sehen hier ein Szenario, das wir bereits 1961 mit Kuba erleben durften, und ich würde gern die Reaktion der USA sehen, wenn Mexiko russische Raketen stationieren ließe. Daher ist es ein Kernpunkt russischer Politik, dass die Ukraine die einst in der Verfassung niedergeschriebene Neutralität wieder herstellt, die seinerzeit die Grundlage für die Erlangung staatlicher Souveränität gewesen ist, so wie auch die deutsche Wiedervereinigung wesentlich auf der Zusage beruhte, dass es keine Nato-Ost-Erweiterung geben würde. Um völkerrechtlich sauber zu sein, hat Russland nach acht Jahren Bürgergriek die Republiken Donezk und Lugansk anerkannt und ist mit seinen Truppen deren Hilfeersuchen nachgekommen – ein Punkt, über den hierzulande nicht berichtet wurde, obwohl dies in Pressekonferenzen genau so besprochen wurde.
Und wie sieht das für den Westen aus? Diese Frage muss aus Sicht der USA beantwortet werden, und anstelle meiner eigenen Interpretation bringe ich hier ein Zitat von Mitt Romney, Senator des Bundesstaates Utah, der nach seiner Meinung zum Ukraine Krieg befragt folgendes antwortete: … den USA kann nichts besseres passieren, als zu einem Bruchteil ihres Rüstungsbudgets – weniger als 5% – den Russen zu schwächen ohne einen einzigen GI zu verlieren.
Nun, warum ist das so wichtig? Im Forbes Magazin hat man unlängst den Wert verschiedener Bodenschätze auf ukrainischem Boden taxiert, wobei man auf aktuell 12 Billionen Dollar kam. Das ist ein Motiv, zumal zahlreiche US Unternehmen bereits in der Ukraine investiert sind.
Aus meiner Sicht ist es aber zu kurz gesprungen. Sowohl die Wirtschaft als auch das Finanzsystem der USA stehen aktuell kurz vorm Kollaps. Als wichtigsten Grund hierfür sehe ich die schwindende Macht des Dollars, dessen weltweite Bedeutung als Reservewährung spätestens seit dessen Einsatz als wirtschaftspolitische Waffe immer mehr abnimmt. Begleitet wird dies von der erklärten Absicht der BRICS-Staaten zeitnah eine eigene Währung einzuführen. Es ist aber genau jene ausländische Dollar-Nachfrage, welche den USA in den letzten 50 Jahren noch ein gutes Leben auf Pump beschert hat. Im Inland werden aktuell für den Dollar 1 Billion Dollar Zinsen pro Jahr fällig, Tilgung ist bei diesem Betrag nicht mehr drin. Wenn es also nicht gelingen sollte, die Welt auch weiter mit dem Dollar zu knechten, geht in den USA finanziell das Licht aus. Ganz nebenbei kann ich nur dazu ermutigen, sich mit dem Dollar und dem Federal Reserve Act zu befassen, denn es handelt sich hierbei um ein von Privatbanken etabliertes Schneeballsystem. Aber wie dem auch sei, wenn die USA sich noch ein wenig Zeit verschaffen wollen, dann geht das nur, wenn die BRICS und deren gemeinsame Währung bekämpft werden, solange das noch möglich scheint. Während also die BRICS-Staaten auf eine multipolare Welt hinarbeiten, muss es das erklärte Ziel der USA sein, den Status als Hegemon dieser Welt unter allen Umständen zu erhalten.
Und was hat das nun mit der Ukraine zu tun? Unglaublich viel, wenn wir wieder an die Aussage von Mitt Romney denken, denn wenn die USA aktuell eine Wirtschaftsmacht fürchten, dann ist es China, welches sich aktuell ebenfalls aufrüstet und seine Ambitionen hinsichtlich Taiwan sehr klar artikuliert. Allerdings könnte eine militärische Eskalation mit den Chinesen schwer in die Hosen gehen, solange Russland als möglicher Verbündeter nicht mindestens weitgehend ausgeschaltet ist – und genau das ist aktuell das Ziel, bei dem es theoretisch auch genügen würde, wenn man Putin durch einen zweiten Jelzin ersetzen könnte, was ganz nebenbei auch wieder den ungenierten Zugriff auf russische Ressourcen ermöglichen würde. Wie lange auf dieses Ziel hingearbeitet wurde, zeigten Merkel und Hollande, indem sie öffentlich einräumten, dass ein Minsker Abkommen nur ein Spiel auf Zeit war, um die Ukraine hinreichend aufrüsten zu können und Elon Musk bestätigte erst vor wenigen Tagen meine Sicht auf den Dollar und dessen Zukunft.
Mit diesem Plan würde von den BRICS und der multipolaren Weltordnung nicht viel übrig bleiben, die USA würden Zeit gewinnen, um ihr Finanzsystem passend zu ergänzen, die Überlegungen zu Kryptowährungen sind bereits weit fortgeschritten – auch in Europa. Darüber hinaus böte der Zugriff auf russische Ressourcen völlig neue Wachstumschancen, ergänzt um Wirtschaftszweige, die man beispielsweise aus Europa, vor allem aber aus Deutschland abwirbt, wodurch man das aktuelle Defizit im Außenhandel wieder in den Griff bekommen könnte.
Eine Alternative zu diesem Plan, welcher auch von diversen US-Think-Tanks skizziert worden ist, besteht aktuell kaum, es sei denn, es gäbe eine Möglichkeit die FED und den Militärindustriellen Komplex zu entmachten, und das ist auch der Grund, weshalb der Westen 2022 einen Erfolg der Gespräche von Istanbul verhindert hat – der Westen, besser gesagt die USA, braucht diesen Krieg, und Boris Johnson hat dies den Verantwortlichen in Kiew im April 2022 so gut erläutert, dass der Krieg bis auf den heutigen Tag andauert…
Während also die Ukraine ihr Volk im Interesse der USA zur Schlachtbank führt, ist nicht auszuschließen, dass uns in Westeuropa ein ähnliches Schicksal zugedacht ist, soweit dies der Erreichung der strategischen Ziele der USA dienlich ist, was man leicht aus der geplanten Stationierung von US-Raketen in der BRD ableiten kann. Wir werden damit zur Zielscheibe gemacht, nachdem man unsere Wirtschaft bereits ruiniert oder abgezogen hat. Das hinter diesem Vorgehen stehende Prinzip ist beinahe so alt wie die Zivilsation selbst und ist als „Teile und Herrsche“ bekannt.
Scholz, Merz und Pistorius sind sicher Vieles, aber blöd sind sie nicht, weshalb ich davon ausgehe, dass diese Herren sehr wohl wissen, welches Spiel hier gespielt wird. Hin und wieder hatte ich den Eindruck, dass Pistorius und Scholz eine Good Cop, Bad Cop – Show liefern. Fakt ist, dass man sich in diesem Konflikt sehr bewusst für eine Seite entscheiden muss, und wer an einen europäischen Frieden oder eine Zukunft ohne Russland glaubt, der sollte sich die Weltkarte nochmals genau anschauen. Mal abgesehen von allen anderen Faktoren ist ein Krieg auch immer ein Ereignis, welches von innenpolitischen Missständen ablenkt. Zahlreiche Bundestagsdebatten enden immer mit dem Argument, dass Putin mit seinem Angriffskrieg die Situation verursacht habe – die Unwissenden glauben das.
Mit welchen konkreten Mitteln die USA ihre Positionen bei deren sogenannten Partnern immer wieder durchsetzen, ist mir nicht transparent, aber wir dürfen sicher sein, dass im Westen kaum eine wirklich souveräne Entscheidung fällt, ohne dass dies den Segen der USA hätte. Doch mit Blick auf den Ukraine-Krieg ist dieser Segen dahin.
Während der Westen nun mehrfach einen Waffenstillstand ins Gespräch bringen wollte, zeigt sich Putin unbeeindruckt und der Westen legt ihm das natürlich als Kriegstreiberei aus. In diesem Kontext wird aber „vergessen“, dass es bereits Waffenstillstände gab, welche konsequent zum Ausbau militärischer Positionen der Ukraine genutzt wurden. Also ich würde mich auch nicht mehr verarschen lassen – im Lichte aller Fakten ist das Wort des Westens in Russland etwa soviel wert, wie drei Blatt benutztes Toilettenpapier. Ein Waffenstillstand ist eine clevere Strategie, denn wird er angenommen, kann man dies taktisch nutzen, und wird er abgeleht ist das tolle Propaganda. Während die USA nun an den Punkt gekommen sind, diesen Konflikt aufzugeben, sieht man sich in Europa brüskiert und will den kampf fortsetzen, ganz wie ein trotziges Kind. Unseren Politikern ist die Gesichtswahrung definitiv wichtiger, als ein paar 100.000 Tote mehr. Mit Blick auf Europa stelle ich mir die Frage, was die alle geraucht haben, um gegen die Supermächte dieser Welt militärisch anstinken zu wollen.
Als ehemaliger DDR-Bürger schäme ich mich für das schändliche Verhalten des kollektiven Westens gegenüber Russland, das immer zu seinem Wort stand und wesentlich an der deutschen Wiedervereinigung beteiligt war, welche von unseren westlichen Nachbarn (ehemals Alliierten) weit weniger positiv gesehen wurde.
Es möge also jeder selbst seine Schlussfolgerungen ziehen, und vielleicht sehe ich die Dinge ja auch viel zu Schwarz, das wäre allerdings zu schön, um wahr zu sein …