Die Fabel – ein stilistisches Mittel der Gesellschaftskritik

vor einigen Monaten hatte ich einen umfangreicheren Beitrag zur deutschen Energiepolitik veröffentlicht, welcher bereits auf die potentiellen negativen Effekte einer Unterversorgung mit Erdgas hinwies, und da es mittlerweile ein Problem ist, mit dem Finger auf Ross und Reiter zu zeigen, adoptiere ich an dieser Stelle das Stilmittel der Fabel, welches wie folgt charekterisiert wird:

  • In Fabeln wird meistens kein genauer Ort und keine Zeit genannt.
  • Im Mittelpunkt der Handlung stehen oft Tiere, seltener Pflanzen oder Dinge, denen menschliche Eigenschaften zugeordnet sind.
  • Die Tiere handeln, denken und sprechen wie Menschen und stellen meist charakteristische Stereotype dar.
  • Die Fabel will belehren und unterhalten (fabula docet et delectat).
  • Nach Lessing soll die Fabel einen allgemeinen moralischen Satz auf einen besonderen Fall zurückführen und diesen dann in Form einer Geschichte darstellen.
  • Die Personifikation der Tiere dient dem Autor häufig als Schutz vor Bestrafung o. Ä., denn er übt keine direkte Kritik, etwa an Zeitgenossen.
  • Häufiges Fabelthema, vor allem im Zeitalter der Aufklärung, ist die Ständeordnung und die Kritik an ihr.
  • In der Fabel herrscht eine Einheit von Ort, Zeit und Handlung. Die Situation findet nur an einem einzigen Ort und in einer kurzen Zeitspanne statt.
  • Es gibt nur eine Haupthandlung und keine Nebenhandlungen.[5]
  • Eine Fabel bedient sich meist einer einfachen Sprache, um allgemein verständlich zu sein.
  • Die Auswahl der Tiere beschränkt sich auf bekannte Tiere, die der Gemeinschaft geläufig sind (bspw. Fuchs, Rabe, Lamm).[6]

Doch kommen wir nun zum unterhaltsamen Teil, nämlich der Fabel vom Bären und den Häschen:

Der Bär und die Häschen

Vor langer langer Zeit, oder sogar heute, begab es sich, dass ein Bär tief im Wald hauste. Und weil sein Revier so groß war und seine Klauen und Zähne immer mächtiger wurden, war der Bär gefürchtet, aber auch beneidet, denn er hatte in seinem Revier zahlreiche Schätze, die auch anderen wohl gefallen hätten, weshalb seine Nachbarn nicht immer gut auf den zotteligen Kerl zu sprechen waren. Unserem Bären machte das wenig aus, denn er hatte lieber seine Ruhe, eine Flasche Wodka, und keinen Zoff mit den Nachbarn. Nur das Häschen Fritz und der Dachs (einer von den netten Nachbarn) hatten es geschafft, mit dem Bären eine gute Beziehung zu pflegen, weshalb sie den Bären besuchen durften und der Bär dem Häschen und dem Dachs auch von seinen Schätzen abgab, zum Freundschaftspreis, versteht sich. Es hatte gar auch einmal einen Besuch des Bären bei unserem Häschen gegeben, und der Bär hatte bei dieser Gelegenheit allen Häschen seine Freundschaft und Zusammenarbeit angeboten. Aber die Häschen, und sogar Fritz, ließen das nette Angebot einfach unbeachtet, denn die meisten wollten nicht so viel mit diesem nach Knoblauch und Schnaps stinkenden und aus ihrer Sicht auch noch gottlosem Ungetüm zu tun haben.

All dies hatte auch viel mit dem Adler zu tun, einem kräftigen Raubvogel mit gewaltigen Fängen, denn dessen Ambitionen sich über die Schätze des Bären herzumachen waren wohl bekannt, und jedes Häschen tat gut daran, es sich nicht mit dem Adler zu verscherzen, denn wer nicht des Adlers Freund war, der war sein Feind – und denen erging es schlecht, wenn sie nicht gerade so stark wie unser Bär waren. Es war also auch wegen des Adlers keine sonderlich gute Idee, sich beim Bären gut Freund zu machen.

Und so begab es sich, dass der Adler immer mehr Häschen um sich scharte und dem Revier des Bären mit seinen Häschen immer näherkam – so nahe, dass man in der Bärenhöhle schon den Geruch der Häschen wittern konnte. Dem Bären war dies also nicht verborgen geblieben, obwohl ihm vor Jahren vom Adler versprochen worden war, dass er und seine Häschen sich nicht näher an sein Revier heranmogeln würden. Mit lautem Gebrüll machte sich der Bär Luft und ritt sogar halb nackig auf einem Pferd, aber das juckte den Adler mit seinen Häschen kein bisschen, denn der Bär hatte in Folge zahlreicher Getränkeunfälle vermeintlich viel von seiner früheren Stärke eingebüßt. Also beschloss der Adler, das Gebiet des Dachses für sich zu erschließen und den Dachs durch ein passendes Häschen zu ersetzen, das mit seiner Häschenbande den Anhängern des Dachses und den vielen Freunden des Bären richtig einheizen sollte. Wenn das gut lief, würde man auch dieses Territorium für sich einnehmen und mit lieben Häschen und deren Waffen besetzen können. Unser Bär sah sich das frohe Treiben aus der Ferne an und war einfach nur schockiert, wie sich die Häschen im ehemaligen Revier des Dachses benahmen, denn die beließen es nicht bei harmlosen Pöbeleien, sondern beschlossen diejenigen zu eliminieren, die keine Lust auf Häschenspiele hatten. (Möhren zählen, Erbsen erschaffen und zählen, blinder Hoppel, wer riechts als erstes, nur Häschensprache sprechen, Viren züchten und so weiter)

Acht lange Jahre ging das so, und letztlich hatte sich die Häschenbande auch auf Geheiß des Adlers dermaßen danebenbenommen, dass mit der Wut des Bären gerechnet werden musste und so suchte unsere Häschenbande, die bisher wacker für den Adler gekämpft hatte, nach Jahren der Gewalt und Provokation, die wohlige Sicherheit eines Bündnisses mit dem Adler und allen anderen Häschen, obwohl der Bär mit seinem neuen Freund, dem Panda, klar auf offener Bühne zu verstehen gegeben hatte, dass eine weitere Ausdehnung des Bündnisses des Adlers nicht hingenommen werden würde. Aber wie schon in all den Jahren zuvor, wurde die Warnung des Bären ignoriert, und was bitte soll ein Bär dann tun – na klar, er ist eben ein Bär.

Die Antwort des Bären ließ dann auch nicht lange auf sich warten und die gewaltige Bärchenarmee fiel mit lautem Getöse in das ehemalige Revier des Dachses ein, um dieses von der mittlerweile komplett verrückten Häschenbande zu befreien, denn die hatten im Eifer des Gefechts sogar einen fliegenden Tiger abgeschossen und Seekrieg führen wollen, obwohl sie nun wirklich keine Fische waren. Dem Adler kam das alles sehr gelegen, denn so musste er nicht selbst gegen den Bären antreten und konnte seine Häschen gar überreden, statt der Schätze des Bären nur noch seine Schätze zu erwerben.

Nur unser Häschen Fritz saß schmollend in der Ecke und wollte sich trotz des Angebots leckerer Möhren mit Gasfüllung so gar nicht zur aktiven Unterstützung der Häschenbande auf dem Dachs-Revier motivieren lassen. Fritz hatte wohl erkannt, dass er in diesem Spiel nur verlieren konnte, vom Adler missbraucht und vom Bären nicht mehr geliebt, würde er künftig auf die Schätze des Bären verzichten müssen und auch der Adler würde nur so lange Interesse für ihn hegen, wie er von Nutzen sein würde. Und da waren noch zwei weitere Probleme, die den Adler in seinem Machtanspruch bestärkten, als da wären ein Monopol auf alle Erbsenzählmaschinen der Welt und die mächtigste Armee von allen.

Um also dem Adler zu gefallen, musste unser Häschen Fritz nun überlegen, wie wohl auch künftig genügend Möhren und wohlige Wärme im Winter sicherzustellen wären, besonders, wenn er beim Bären verkackt hätte. Währenddessen ließ unser Bär schon mal die Muskeln spielen und setzte sich mit seinem fetten Pops direkt auf eine von mehreren Pipelines, die sonst den begehrten Schatz Erdfurz transportierte. Was gab das für eine Aufregung, als bei Fritz nur noch Hasenfürze aus dem Rohr kamen, denn so gut wie alle fleißigen Arbeiter in Fritzes Fabriken waren auf die Schätze des Bären angewiesen, zumal einige selten blöde Althasen beschlossen hatten, die eigene Fähigkeit zum Heben von Schätzen einfach zu verbieten. Selbst eine nagelneue betriebsbereite Pipeline des Bären konnte Häschen Fritz nicht in Betrieb nehmen, so sehr fürchtete er die Rache des Adlers, welcher damit gedroht hatte unserem Fritz alle Erbsenzählmaschinen lahmzulegen, falls dieser auch nur einen Bärenfurz durch die neue Pipeline beziehen sollte. Da war guter Rat teuer, zumal auch all seine Minister nicht die hellsten Kerzen auf der Torte waren.

Der Bär seinerseits betrachtete das hektische Treiben leicht amüsiert, denn statt seinen bisherigen sogenannten Freunden seine Schätze zum Freundschaftspreis zu überlassen, und dann noch dumm angemacht zu werden, tätigte er jetzt blendende Geschäfte mit dem Panda und dem Mungo, denen dieses Angebot gerade recht kam und was soll man sagen – dem Bären geht es nun so gut wie nie.

Von unseren Häschen und dem Adler kann man das leider nicht behaupten, denn deren Erbsen werden immer weniger wert und einer Allianz aus Bären, Pandas und Mungos hätten sie auch nicht wirklich viel entgegenzusetzen. Sie hätten sicher besser daran getan, dem Bären mit dem gebotenen Respekt zu begegnen, denn der hatte seine Krallen und Zähne bisher noch nicht einmal halb ausgefahren.

So aber sehen besonders Fritz und die Häschen einfach nur in die buchstäbliche Röhre, während sie weiter vom Adler missbraucht und gegängelt werden, und das betrifft auch die aus Flucht resultierenden Unmengen an Erbsen, an denen sich der Adler natürlich auch nicht beteiligt, denn er kämpft gegen den Bären, bis zum letzten Häschen. Und unser Bär wird wohl künftig noch besser darauf achten, wer mit in seine Höhle darf, denn Freunde, die in den Vorgarten kacken und dann haltet den Bären schreien, braucht er bestimmt nicht.


Auch der Artikel zum Gasnotstand ist in diesem Kontext noch einmal lesenswert.

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2 Antworten auf „Die Fabel – ein stilistisches Mittel der Gesellschaftskritik“

  1. Sehr geehrter Herr Schmidt,
    mein großes Lob an Sie mit Ihrem aufschlußreichen Buch CO 2 Faktenchek.
    Vor allem für die professionelle umfangreche Recherche und den ehrlichen Komentaren Ihrerseits.
    Ich werde ein paar weitere Bücher bestellen und an manche superschlaue Freunde verteilen.
    Als ehemaliger Abteilungsleiter für Erdgas, Trinkwasser und Fernwärmeanlagen in einem mittelgroßen Kommunalbetrieb weiß ich sehr genau was Sache ist.
    Vor ca. 10 Jahren in dem ich große Erdgas- und Fernwärme- und Trinkwasserprojekte abwickeln mußte, hatte man einfach keine Zeit, sich mit einem umfangreichen Faktenchek zum CO 2 zu befassen.
    Wir mußten ausführen und betreiben so wie es von den Gremien angeordnet wurde.
    Ob Biogasanlagen oder Blockheizkraftwerke, Netzplanungen und Netzbau von Erdgas, Ferwärme, Trinkwasser- und Beschneiungsanlagen, alles hat immer pressiert, alles mußte unter den wirtschaftlichsten Gesichtspunkten ohne unbequeme Einwände ausgeführt werden.
    Wer aufmukte, sägte an dem Ast auf dem er saß.
    Erdgas und Fernwärme mußte als hundertprozentig sichere Energie an den Mann gebracht werden.
    In der heutigen Situation gleitet der Blick für die Zukunft verstärkt über dem Tellerrand hinaus.
    Besonders nach Studium Ihres Buches würde ich heute vieles anderst machen, aber es ist leider zu spät, da ich seit 6 Jahren in Rente bin.
    Hätte ich damals in unserer Abteilung ein derartig ehrliches Buch in Händen gehabt, ich hätte es freiwillig an alle in meinem Bereich tätigen jungen studierenden Praktikanten, Bachelor- und Masterabgänger als persönliches Geschenk verteilt.
    Es währe wünschenswert, daß dieses Buch viele junge heranwachsende Fachleute und Studierende in die Hände bekommen.
    Man darf einfach nicht müde werden, alles genau zu betrachten, zu hinterfragen und vor allem den Medien zu mißtrauen.
    Vor allem sollten alle Verantwortlichen immer den Mut zu konstruktiven Diskussionen finden.
    Nochmals meine Anerkennung, macht unbedingt weiter so.
    Vielen Dank

    1. Vielen Dank für diesen umfänglichen Kommentar. Wir bleiben am Ball 😉 … was angesichts von neuen Gesetzgebungen zur Unterbindung unliebsamer Wahrheiten tatsächlich nicht nur Wissen, sondern auch Mut und Rückgrad benötigt. Kaum zu glauben, dass man sowas schreiben muss.

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